Rückblick: Rare Disease Day 2016
Anlässlich des Rare Disease Day fand auch in diesem Jahr ein öffentliches Symposium an der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) statt.
Das Zentrum für Seltene Erkrankungen (ZSE) an der MHH organisierte die Veranstaltung gemeinsam mit Orphanet. Dieses Jahr stand der Tag der seltenen Erkrankungen unter dem Motto „Erhebt eure Stimme – Gemeinsam für die Seltenen“ und fand an einem besonders seltenen Datum statt, dem 29.02.2016.
41 verschiedene Selbsthilfegruppen und Patientenverbände nahmen mit viel Engagement an dem Symposium und dem begleitendem Informationsangebot zu verschiedenen seltenen Erkrankungen teil.
Auch wir durften, wie im letzten Jahr, wieder ein Teil davon sein und so dazu beitragen, den geschätzt mehr als 6000 seltenen Erkrankungen eine hörbare Stimme zu geben.
Von dieser hohen Zahl seltener Erkrankungen sind deutschlandweit schätzungsweise mehr als 4 Millionen Menschen betroffen. Dies nennen Experten gerne „paradox of rarity“. An den einzelnen seltenen Erkrankungen sind jeweils nur wenige Menschen erkrankt – im Gesamten jedoch, ist eine Vielzahl von Menschen in Deutschland von seltenen Erkrankungen betroffen.
Genau dieses Phänomen wollen Patienten und Experten sich zu Nutze machen, um Struktur- und Versorgungsverbesserungen zu schaffen.
In den Vorträgen des Symposiums auf dem Rare Disease Day äußerten sich 5 Experten zu der Frage, wo und wie Veränderungen stattfinden müssen, um Patienten mit einer seltenen Erkrankung das Leben zu erleichtern.
In Einem waren sich alle Experten einig: Vor allem der Weg zur Diagnosestellung wird von Patienten oft als Odyssee beschrieben, ist verbunden mit Stigmatisierung, Hilflosigkeit und dem Vorwurf des Simulierens.
Das erste Ziel bei der Verbesserung der Versorgung von „Seltenen“ sollte also eine verbesserte Diagnosestellung sein.
Hier müssen sowohl Hausärzte geschult, aber auch die ZSEs müssten strukturell weiter ausgebaut, Datenbanken wie Orphanet erweitert und Selbsthilfegruppen sollten durch ACHSE professionell geschult werden.
75% der Deutschen sind mindestens einmal im Quartal bei ihrem Hausarzt, ein durchschnittlicher Kontakt zwischen Patient und Arzt dauert aber nur 7,8 Minuten. Wie wir uns alle vorstellen können, ist es in dieser kurzen Zeit wirklich schwierig, eine seltene Erkrankung, die ein Hausarzt unter Umständen nicht einmal kennt, zu diagnostizieren. Wie also könnte dieses Problem behoben werden?
Unsere größte Hoffnung ist die künstliche Intelligenz. Raster, die schon von Internetunternehmen genutzt werden, um zum Beispiel unser Konsumverhalten zu analysieren. Ist es nicht unglaublich, dass zum Beispiel Amazon uns den Wein vorschlägt, den wir am liebsten trinken, durch das Buch, welches wir eben gekauft haben? Wenn ein eben solches Raster für die Erkennung von seltenen Erkrankungen voll ausgereift entwickelt wird und allen Hausärzten zugänglich ist, könnte ein Hausarzt Symptome dort eingeben und Vorschläge nach Wahrscheinlichkeit sortiert erhalten, um welche Erkrankungen es sich handeln könnte. Sicher würde es dadurch auch dazu kommen, dass Menschen voreilig auf Verdacht auf bestimmte Diagnosen untersucht werden. Und es würde das Gesundheitssystem auch viel kosten.
Das klingt nach Zukunftsmusik.
Aber es wird deutlich, dass es viele engagierte Menschen gibt. Schlaue Köpfe die sich Gedanken machen, wie man Menschen mit seltenen Erkrankungen das Leben erleichtern kann.
Die Verbesserung der Diagnosestellung ist nur ein erster Schritt und mit Sicherheit auch noch weiter Weg. Das Lautwerden und Starkmachen für seltene Erkrankungen und somit ein öffentliches Bild dafür zu schaffen, ist ein Weiterer.
Der Rote Faden durch den gesamten Tag der seltenen Erkrankungen war die Frage „Wie finde ich den richtigen Arzt“. Auch nach der Diagnosestellung.
Es müssen also die Hausärzte geschult und die Betroffenen gestärkt werden. Die wohl größte Hoffnung ist laut der Experten eine neue Struktur und eine Stärkung der ZSEs, von wo aus die Patienten, nach Diagnosestellung, an die entsprechenden Ärzte vermittelt werden.
Durch gemeinsam mit Betroffenen entwickelten Fragebögen und Schaffung eines Computerrasters zur Erkennung und Klassifizierung von Symptomen, soll die Diagnosestellung erleichtert werden.
Wir konnten beim Rare Disease Day in der MHH viele Menschen über Phosphatdiabetes informieren. Zahlreiche Medizinstudenten blieben an unserem Informationsstand stehen, fragten und informierten sich und stellten Überlegungen an, ob über Phosphatdiabetes eine Doktorarbeit geschrieben werden könnte.
Auch durften wir an unserem Stand ein neues Mitglied des Vereins begrüßen, welches sich Informationen einholte und den ersten persönlichen Kontakt suchte. Darüber freuen wir uns besonders.
Am 29.02.2016 haben wir gemeinsam mit anderen Selbsthilfegruppen unsere Stimme erhoben. Kämpften gemeinsam für die Seltenen.
Es gibt jetzt auch einen neuen Bericht zum Rare Disease Day 2018.